Dienstag, 12. Juli 2011

Dioxin

Diese Geschichte liegt mir schon lange auf der Seele.

Besoffen kann der Mensch ja nun mal nicht im Gesundheitswesen arbeiten. Also landete ich freiwillig in einem Animierlokal. Dort lernte ich Werner Müller kennen. Seines Zeichens Vertreter der Allianz Versicherungen. Genau genommen war er mein erster Kunde im Red Saloon in Binzen.
Wir freundeten uns an. Wäre da nicht irgendeine Wand gewesen welche ich zwischen uns spürte hätte bedeutend mehr draus werden können. So ließ ich mich von ihm ins Black Bottom nach Grenzach - Wyhlen vermitteln wo damals das Niveau angenehm hoch war dank des Geschäftsführers.
Wir verloren uns aus den Augen. Für mich nachvollziehbar hatte er doch die Vorstellung ich solle als seine Haushälterin bei ihm arbeiten, daneben seine Geliebte sein, ihm beim Repräsentieren zur Seite stehen. Ihm helfen Karriere zu machen. Schön brav im Hintergrund, bescheiden, ... . Seine damalige wollte er aus dem Haus werfen. Sie tue "Es" nicht mehr.
Er tauchte eines abends im Black Bottom auf. Sülzte mir seltsame Worte ins Gesicht. Bestellte aber zunächst mal einen Cocktail. Weil eben eine Animierdame durch Zahlen eines Getränks zu erhöhtem Preis für ihre Gesellschaft bezahlt wird. Und im Lokal Entsetzen auslöste. Blankes Entsetzen. Was er nicht bemerkte.
Er sülzte etwas davon dass er jetzt auf dem richtigen Weg sei, aufgehört habe, einen neuen Weg gehe. Mit Hilfe der Basler Freunde. Ich solle da mitmachen. Die würden viel helfen und erklären. Es sei nötig ein anderes Leben zu erlernen. - Für mich damals unverständlich. Ob er nun überhaupt davon sprach bei den Anonymen Alkoholikern zu sein erinnere ich nicht. Allerdings übertönte er mit seinem lauten "Geflüster" die Show auf der Bühne. Und das wollte was heißen. Immerhin stieg zeitgleich ein Engel aus einer Muschel, wunderschön gekleidet.
Dann ergab es sich 1985 dass ich Trauzeugen brauchte. Ich rief ihn an. Er redete wieder unverständliches Zeug. Unter anderem redete er was von Dioxinfässern. Es dauerte bis ich heraus fand:
Als Versicherungsvertreter der Allianz hatte er die illegale Lagerung von Dioxin in Eisenfässern versichert. Und nun plagte ihn ein wenig das schlechte Gewissen. Den genauen Ort in Rheinfelden konnte ich aus ihm heraus bekommen. Das Thema ist durch. Denn ich war mal in Rheinfelden, wo die Fässer illegal lagen, bei den Grünen Mitglied gewesen und gab mein Wissen an den Ortsvorstand weiter. Dieser kannte den Besitzer des Landes und sorgte dafür dass die Fässer bei der nächsten normalen Umpflügung "gefunden" werden. Wir hatten die Hoffnung so an die Information zu gelangen wo die anderen Fässer wohl liegen. Die Rheinfelder Dioxinfässer wurden ordnungsgemäß entsorgt. Die Badische Zeitung berichtete.

Es ist lange her. Werner Müller heiratete eine Frau Klein, die Tochter der Nachbarn seiner Mutter und seiner Tante. Er nahm ihren Nachnahmen an. Seinen zweiten Vornamen, Thomas, setzte er fortan an die erste Stelle. Heute wohnt er auf dem Dobel bei Bad Herrenalb. Und arbeitet bei der Albtal Verkehrs-Gesellschaft als Wagenmeister. Ist hoch angesehen.

Ich habe versucht mit ihm ein normales Gespräch zu führen. Vergeblich. Alles, was ich weiß, ist, die Fässer liegen in Mannheim oder Ludwigshafen und von seinem Elternhaus aus kann er auf das Grundstück schauen. Es ist von dem Grundstück seiner Eltern aus gesehen Richtung Rhein.

Bis heute hatte ich nicht die Kraft, den Raum, die Zeit, die freien Kapazitäten mich des Themas angemessen anzunehmen. An wen wende ich mich? Hier und da habe ich Versuche gestartet Kontakt aufzunehmen. Mit Menschen, von denen ich mir vorstellen kann sie können der Sache auf den Grund gehen. Ohne Reaktion. Was sicher der Tatsache geschuldet ist dass ich immer wieder neue traumatische Erlebnisse habe. Und dementsprechend seltsam agiere.

Jetzt vertraue ich in dürren Worten diese Sache dem Netz an. Heute weiß ich, es gibt noch einen Menschen in diesem Land welcher auf der Suche nach Fässern ist welche illegal gelagert wurden. Leider ist mir sein Name aus den Fingern geschlüpft. Was als Bild gut passt. - Nun ja. Mit der Geschichte verbinde ich manche Verletzung was sicherlich seine Auswirkungen hat. Heute gehe ich durch die Angst, habe mir die Mühe gemacht in der Nacht diese Zeilen zuformulieren.

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